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«Der grösste Erfolg sind unsere Mitarbeitenden»

Anlässlich seines 70. Geburtstags zieht George Kuratle in WirHOLZBAUER nach bald 50 Jahren im Unternehmen Bilanz. In dieser Zeitspanne ist die heutige Kuratle Group erfolgreich gewachsen und konnte ihre Tätigkeitsbereiche ausdehnen. Der Verwaltungsratspräsident der Kuratle Group verrät die wichtigsten Meilensteine des Unternehmens, gibt seine Einschätzungen zur Holzbranche preis – und spart beim Thema Nachhaltigkeit nicht mit kritischen Worten an der Branche. Mit der Tatsache, dass die Geschicke unseres traditionellen Ausbildungsbetriebs in 3. Generation geführt werden, unterstreicht George Kuratle unseren Wert als Familienunternehmen.

Herr Kuratle, Sie sind 1974 in das von Ihrem Vater Alfred Kuratle gegründete Unternehmen eingetreten. Was waren Ihre persönlichen Meilensteine während Ihres nun bald 50-jährigen Einsatzes für das Unternehmen?

Der Erwerb des Areals der ehemaligen Thermopal Leibstadt mit 110 000 Quadratmetern Fläche. Für mich war das der Urknall, um auf dem Markt Erfolg zu haben. Der Platz liess und lässt eine Expansion zu. Ich wusste für mich, dass der klassische Handel sich verändern würde. Handel und Wertleistungen zum Produkt wurden immer mehr nachgefragt. Unsere damalige Strategie des regionalen Handelns, der nationale und internationale Marktaufbau, die Zentralisierung aller gemeinsamen Kosten und die geschickte und meistens glückliche Hand bei der Übernahme von Unternehmungen waren ebenfalls wichtige Aspekte auf dem Weg zum Erfolg. Wirtschaftlich hat sich unsere Strategie mit der Integration der Hiag AG ausgezahlt und unsere Kuratle Group gestärkt. Organisatorisch war es eine grosse Herausforderung für unser Management."

 Hand aufs Herz – sicher ist auch mal was schiefgegangen! Aus welchen Projekten mussten lehrreiche Erfahrungen gezogen werden? Und was war von besonderem Erfolg gekrönt?

Natürlich gab es auch harte Schicksalsschläge, die finanziell und emotional verkraftet werden mussten. Zum Beispiel die Schliessung unserer Firma Nolte (Parkettmanufaktur) in Deutschland und der Einsturz der grossen Halle in Leibstadt mit einem Totalschaden. Alle Handlungen, die mit dem Marktaufbau einer kleinen Handelsfirma zu einem internationalen Player verbunden waren, gingen immer mit Erfahrungen einher und den Lehren, die daraus gezogen werden konnten. Wir hatten in all den Jahren keine Beratungsleute über eine längere Dauer in der Firma. Ich hatte das Glück, viele Mitarbeitende für ihre Arbeit begeistern zu können, ich konnte ihnen unsere Philosophie vorleben und mit unserem langjährigen Verwaltungsrat (VR) die richtigen Schritte einleiten. Der grösste Erfolg sind unsere Mitarbeitenden, unser Kader und unser Verwaltungsrat. Ohne diese Personen hätten wir diese Entwicklung nicht gemeistert. Dazu kommt das Vertrauen der Banken, der Versicherungen und aller begleitenden Institutionen."

Sie kennen die Holzbranche von der Sägerei über den Handel bis zum Holzbau wie kaum ein anderer. Was schätzen Sie an der Branche, was ärgert Sie und was könnte besser gemacht werden?

Die gesamte Holzbranche lebt leider von verschiedenen Philosophien. Der eine Verband möchte den Wald als Erholungsgebiet, der andere für die Energie, der nächste für die Holznutzung. Leider haben wir eine zu kleine Wertschöpfung in der Schweiz. Im Wald wird zu wenig geerntet und er wird zu wenig genutzt, um mit den Holzwerkstoffen langfristig CO2 zu binden und diese erst am Schluss der Kaskade für Energie zu brauchen. Das Holzwachstum, das dem Wald entnommen wird, geht unmittelbar in die Energie, und die CO2-Speicherung ist damit hinfällig. Auch das Label Schweizer Holz ist ein falscher Anreiz, denn die Bauherrschaft hat nichts davon, ob sie Schweizer Holz verbauen lässt oder nicht. Es ist auch wenig ökologisch, bei der Verwendung von Schweizer Holz die Entfernung des Baumschlags nicht zu berücksichtigen. Auch im nahen Ausland, an den Landesgrenzen zur Schweiz, hat es im Umkreis von 100 Kilometern guten Wald, der bei der Beurteilung für das Label Schweizer Holz leider nicht gebraucht werden kann. Das ist aus meiner Sicht ein falscher Ansatz in der CO2-Thematik und der Ökologie."

Die Kuratle Group hat sich in den vergangenen Jahren auch um die Aus- und Weiterbildung in der Branche verdient gemacht. Im Jahr 2015 wurde zum Beispiel die Kuratle Academy gegründet. Bildungs- und Branchenprojekte erfahren grosse Unterstützung durch Ihr Unternehmen. Was motiviert Sie dazu?

Wir haben immer, seit ich die Verantwortung übernommen habe, Lernende ausgebildet. Für mich war das stets eine elementar wichtige Ressource für die kommenden Jahre. Ich konnte mich immer begeistern, junge Leute zu begleiten und ihnen die Möglichkeit zu geben, in unserem Betrieb Karriere zu machen. Zurzeit beschäftigen wir 22 Lernende und ein Trainee in unterschiedlichen Berufsbildern. Im Jahr 2015, zum 60-Jahr-Jubiläum des Unternehmens, habe ich der Kuratle Group eine Möglichkeit vorgestellt, wie eine Akademie für alle Beteiligten erfolgreich werden könnte. Heute nehmen innerhalb der Unternehmensgruppe jährlich etwa 200 bis 300 Mitarbeitende über die Akademie an organisierten Kursen und Schulungen teil. Bei dem heutigen Mangel an Arbeitskräften war die Gründung der Akademie eine zukunftsweisende und erfolgreiche Entscheidung."

Seit vier Jahren ist auch Ihr Sohn Roger Kuratle in der Geschäftsleitung tätig, seit 2020 ist er der CEO. Ihre Tochter Corinne Kuratle ist Leiterin Kuratle Acadamy der Kuratle Group, Ihr Sohn Fabian Kuratle ist im Bereich Immobilienmanagement und Projekte der Kuratle Group tätig. Was ist seither Ihre Funktion im Unternehmen und wie klappt es mit der generationenübergreifenden Zusammenarbeit?

Ich habe die Unternehmungsführung und die Verantwortung im Jahr 2020, mit gewissen klar definierten Eckpunkten, an meine drei Kinder abgegeben. Das war für mich ein sehr wichtiger, wohl der wichtigste Entscheid meines Lebens. Ich wollte meinen Kindern nicht nur Aufgaben und Pflichten hinterlassen, sondern sie auch am Erfolg teilhaben lassen. Geht es dem Geschäft gut, geht es ihnen auch gut. Sie haben eine grosse Verantwortung übernommen und dafür danke ich ihnen und ich bin sehr stolz auf ihr Engagement. Sie haben einen starken und langjährigen Verwaltungsrat an ihrer Seite. Ich präsidiere im Rücken, hinterfrage ihre Entscheidungen, wäge ab und verlange entsprechende Vorgaben. Auch bei den Finanzen und wichtigen Projekten bin ich noch einige Jahre involviert. Mein Sohn Roger trägt als Hauptaktionär die Gesamtverantwortung, dabei wird er aktiv von Corinne und Fabian unterstützt. Die Schnittstellen sind gut definiert und ich hoffe, dass sich die Nachfolge auch positiv für die Unternehmung auswirkt. Auch für alle Mitarbeitenden ist es leichter, wenn die Nachfolge klar geregelt ist. Es ist wie mit den Kindern in der Familie: Mit einem lachenden Auge lässt man sie gehen, mit einem weinenden Auge muss man lernen, loszulassen."

Im Januar dieses Jahres haben Sie Ihr 70. Lebensjahr erreicht. Und im Laufe dieses Sommers haben Sie Ihre Geschäftspartner, Kunden und Freunde zu einer Grill-Plausch-Tour an die verschiedenen Unternehmensstandorte eingeladen, um das gemeinsam zu feiern. Was waren Ihre wichtigsten Momente bei diesen Anlässen?

Ich konnte die meisten Mitarbeitenden und viele langjährige Kunden und Wegbegleiter sehen und ein paar Worte austauschen. Die Nähe zu den Kunden und Mitarbeitenden war und ist mir immer noch sehr wichtig, und ich bin gern an der Basis. Ich hoffe, dass die Nachfolger ebenso denken, aber da bin ich mir fast sicher, denn ohne Basiskontakt spürt man die Unternehmungen nicht."

Die Unternehmenszukunft liegt bei Ihren Kindern in besten Händen und auch eine vierte Generation ist schon auf dem Weg. Was wünschen Sie sich für Ihre Nachfolger, für Ihre Unternehmen der Kuratle Group und für die Zukunft der Branche?

Ich wünsche mir, dass die Werte, welche ich vor vielen Jahren für unsere Familie und unsere Firmen definiert habe, weiter hochgehalten werden: Mit Ehrlichkeit, Loyalität und Respekt Verantwortung übernehmen, Nachhaltigkeit leben und immer ein offenes Ohr und Zeit für die Mitarbeitenden und die Kundschaft haben."

Das Interview wurde in der Ausgabe 7.2023 ‘WirHOLZBAUER’ veröffentlicht. Wir danken WirHOLZBAUER für die gute Zusammenarbeit.

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